Konzertdinner mit Sarah Straub
Essen und Musik - Eine unschlagbare Kombination
Erstmals fand im DAS BIERINGER in Willenbach ein Konzert im Restaurant mit kulinarischer Begleitung statt. Für Liedermacherin Sarah Straub war es ebenfalls eine Premiere. „Das hier ist schon was Besonderes für mich“, sagte sie deshalb bei der Begrüßung. „Normalerweise mache ich solche Formate gar nicht und ich hätte niemals zugesagt, wenn Das Bieringer nicht das wäre, was es ist: Ein kleines Paradies im Nirgendwo.“
Sarah Straub ist sonst nämlich auf ganz anderen Kalibern von Bühnen daheim. Zuletzt spielte sie mit der Bayerischen Philharmonie fünf Konzerte in vier Regierungsbezirken - von der Isarphilharmonie in München bis zum Festspielhaus Neuschwanstein. Über 100 Beteiligte vor und hinter den Kulissen schufen mit ihr magische Momente. Auch bei ihrer gerade gestarteten Tour mit dem neuen Album „Keine Angst“ sind die Konzertsäle immer um einiges größer, aber die Sängerin findet das Ambiente und die Menschen im Das Bieringer „einfach zauberhaft“ und hat deshalb den Abstecher nach einem Gig in Bad Reichenhall und vor den nächsten Terminen in Sonthofen, Stuttgart, Mannheim und München gerne eingeschoben.
Schon 2021 hat sie zusammen mit Andreas Ferrer ein Hofkonzert im Das Bieringer gespielt. Beim Dinnerkonzert bediente in der Neuauflage Magnus Dauner das Schlagwerk meisterhaft, und die kleine Sorge, das Publikum könnte von der Restaurantkulisse abgelenkt sein, war bereits nach den ersten Takten vergessen. Die Gäste waren mucksmäuschenstill und hingen der Vollblutmusikerin regelrecht an den Lippen.
Kein Wunder, denn Sarah Straub ist nicht nur eine wahnsinnig tolle Sängerin und Pianistin, sondern auch fesselnde Geschichtenerzählerin, faszinierende Persönlichkeit und ein sehr empathischer Mensch. Ihr neues Album schrieb sie während der Pandemie, einer Zeit, in der viele Menschen mit Ängsten zu kämpfen hatten. Als Diplom-Psychologin hat sie auf der einen Seite einen sehr fachlichen Blick auf die Angst, kombiniert diesen aber andererseits mit ihrem Verständnis als Musikerin und versteht sich auch als Lyrikerin. So war der Liedtext zu „Einmachglas“ ursprünglich ein Gedicht und auch ihre anderen Stücke spielen mit Worten, malen Bilder, provozieren Emotion und verleiten zum Nachdenken.
Dass Sarah Straub mit Sprache ebenso gut umgehen kann wie mit Stimme und Piano, war also schnell klar an diesem Abend. Trotzdem wollte sie dem Lied „Bumerang“, in dem es um all das geht, was während der Pandemie falsch gelaufen ist, eine Erklärung vorausschicken. „Bei den ersten Konzerten auf der Tour habe ich gemerkt, dass manche Menschen das falsch verstehen“, erzählt sie schmunzelnd. „Ein paar sind tatsächlich aufgestanden und gegangen. Dabei war das gar nicht als Kritik an einzelne Personen oder der Politik gedacht.“ Vielmehr „versuche ich ein guter Mensch zu sein“ zitierte sie ihren eigenen Liedtext, „ich träume nur von einer Zukunft | in der man aufeinander schaut | in der nur das Gute in uns überwiegt | und man anderen wieder vertraut.“
Sarah Straubs musikalischer Ziehvater Konstantin Wecker kommentierte diese für sie durchaus harte Erfahrung mit den Worten: „Jetzt bist a richtige Liedermacherin.“ Er schätzt es, wenn die Leute streitbar sind. Und das ist Sarah Straub, auf eine sehr sympathische Art.
Dabei wollte sie ursprünglich Mainstream-Musik alla Helene Fischer machen. Ihr Traum war es, riesige Hallen zu füllen und 20 Tänzer hinter sich zu haben, plauderte die Künstlerin in Willenbach aus dem Nähkästchen. Deshalb machte sie bis 2016/2017 nur englische Musik. Erst als sie Konstantin Wecker traf, lernte sie, dass ein Klavier genügt.
Und wie es genügte! In drei Abschnitten trug Sarah Straub mal allein, mal begleitet von Magnus Dauner ihre Lieder vor. Zwischen den drei musikalischen Sets wurde diniert. Es gab eine kleine Brotauswahl, Kaspressknödelsuppe, Kalbshuft Sous Vide in Portweinsauce mit Marktgemüse und Kartoffeltimbale und ein Lebkuchenmousse mit Blutorange und Crumble.
Kaum waren die Teller leergegessen, abgeräumt und die Gläser neu gefüllt, lauschten die Gäste den nächsten kleinen Geschichten, denen Sarah Straub singend am Klavier Leben einhauchte. In „Falten zählen“ feierte sie das Älterwerden, das bei Künstlern noch früher beginnt als bei normalen Menschen. In „Lass es raus!“ erzählte sie von einer toxischen Freundschaft und garantierte all jenen, die sich trauten mitzusingen, therapeutischen Nutzen. Mit „Die Schwalben“ brachte sie außerdem ein Thema ins Das Bieringer mit, das ihr wichtig ist: Demenz. „Der Zweitberuf ist mir passiert“, erklärte die Diplom-Psychologin, die am Uni-Klinikum Ulm eine Demenzsprechstunde leitet. „Weil meine Oma, bei der ich aufgewachsen bin, daran erkrankt ist. Mit Anfang 20 ist die Diagnose über uns hereingebrochen. Das ist inzwischen eine Weile her, aber auch heutzutage sind viele noch genauso überfordert, wie ich es damals war. Weil zu wenig über diese Krankheit geredet wird.“ Deshalb hat Sarah Straub Psychologie studiert und spricht immer über das Thema, ganz penetrant, wie sie selbst sagt. Es ist ihr eine Herzensangelegenheit, den Betroffenen eine Stimme zu geben. Ihr Buch “Wie meine Großmutter ihr ICH verlor“ hat sie – genauso wie ihre Lieder - nach Willenbach mitgebracht. „Wir müssen versuchen, wenigstens ab und an das Schöne zwischen all dem Drama zu erkennen“, so ihr Rat an die Zuhörer. Deshalb geht es in „Die Schwalben“ um Liebe, die nicht weggeht, nur weil der eine an Demenz erkrankt.
Sarah Straub berührte die Herzen ihres Publikums. Mal ernst, mal locker leicht, aber immer auf ihre fast feenhafte stille und gleichzeitig laute Art und Weise. „Da waren so einige Gänsehautmomente dabei“, schwärmte ein Gast am Ende des Abends. „So nah dran zu sein an einer Künstlerin, ist schon etwas Besonderes.“